Montag, 12. März 2012

Im Bett mit Brad


Bingo!


Bingo! is about opportunities, Heureka-moments, the minute a decision is made, when everything falls into place. You don’t know yet what you have bargained for. You don’t know yet if it will be worth it. But you will step in. You will step on. You see this way and this way is unknown but very attractive. You think: what the heck!? You give it a try. And you promise yourself: you will deal with it! No matter what. No matter how. You will deal with it.


Two Dresses


Zwei Kleider. Und Entscheidungen. Dieses oder das andere? Was passiert, wenn ich dieses anziehe? Wem begegne ich? Werde ich einen Augenblick lang über mich selbst hinauswachsen? Oder wird der Augenblick erkennbar sein, aber ebenso schnell wieder vorbeigehen? Nein. Ich ziehe doch lieber das andere an. Ja. Jetzt bin ich mir ganz sicher. Das andere. Das andere damit wird sich mein Leben ändern. Mit dem anderen werde ich diesen einen, diesen einen alles entscheidenden Augenblick erleben. Nein. Heute habe ich darauf keine Lust. Heute Parker. Heute die ausgefranste Jeans. Und die roten Turnschuhe!



Ein Augenblick
Autor: Petra Winter



Wie lange dauert eigentlich ein Augenblick? Ist es wortwörtlich zu verstehen? Dieses eine Zwinkern? Augen auf. Augen zu. Fertig? Oder geht es danach erst los? Dann, wenn du  diesen einen Augenblick, diesen einen alles entscheidenden Augenblick, immer und immer wieder in deinem Kopf abspulst.

Rewind.

Ich sitze in der S-Bahn, hüsteln, rascheln von Zeitungen, gleichmäßiges Kauen von Apfelstückchen, ich sehe gelangweilt aus dem Fenster, ignoriere das Knurren meines Magens. Kau nur ordentlich durch, denke ich. Ich atme tief ein. Es riecht wie im Obstgarten meiner Oma.
Und da sehe ich sie. Am Bahnsteig gegenüber. In der Gegenrichtung.

Sie ist nicht dick und nicht dünn. Sie ist nicht groß, aber auch nicht klein. Ihre braunen langen Haare haben goldene Strähnen und wehen ihr ins Gesicht. Ihre Hände stecken in den Taschen eines zu großen Parkas. Eine zu lange, unten ausgefranste Jeans verdeckt fast völlig ihre Schuhe, es schaut nur eine kleine rote Turnschuh-Spitze heraus. Mit einer dramatischen und sehr königlichen Kopfbewegung wirft sie ihre Haare nach hinten und ich sehe ihr Gesicht. Eine lange, schmale Nase, ein spitzes Kinn. Ihre großen Augen stehen eng beieinander. Sie lächelt nicht, versteckt ihre Lippen, presst sie aufeinander. Ist sie schön? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß mit hundertprozentiger Sicherheit. Sie ist es.

Sie, die ich schon seit Jahren suche. Sie, die ich schon eine Ewigkeit kenne. In meinem Brustkorb bläht sich ein Ballon auf und nimmt mir die Luft.
„Hackerbrücke. Bitte zurückbleiben.“
Und ich kann nichts tun. Nichts weiter tun, als ihr hinter her zu sehen. Doch nur einen Augenblick. Dann ist sie weg. Nur Gleise über Gleise. Verdorrte Grasbüschel. Firmengebäude. Der Ballon in meinem Brustkorb platzt, ich stöhne wie ein alter Mann, verbrauchte, schale Luft, die Frau gegenüber kaut bedächtig und langsam ihre mundgerechten Stückchen ohne Schale, der Typ neben ihr blättert die Süddeutsche um und murmelt „Entschuldigung“.

Das ist sie, das ist sie, sie ist es, sie ist es, rattern die Gleise. Kann nicht sein, kann nicht sein, sagt mein Verstand. Und überhaupt: was hätte ich tun können?

Rewind.
Immer wieder.
Rewind.
Immer wieder spule ich zurück.

Ich sehe mich im letzten Augenblick aus der S-Bahn springen. Für einen Moment bleibe ich in der Tür stecken. Ich drücke mit aller Kraft dagegen, und dann bin ich draußen im Wind, draußen bei ihr.

Ein anderes Mal ziehe ich die Notbremse. Mit einem fürchterlichen Quietschen kommt die S-Bahn wieder zum Stehen, es riecht nach verbrannten Gummireifen. Doch sie öffnet ihre Türen nicht. Mir bleiben alle Töne im Hals stecken, ich kann nur schauen und starren, wie sie sich umdreht, und in die einfahrende S-Bahn einsteigt.  Endlich, endlich gehen die Türen auf und ich hetze über den Bahnsteig, schaffe es an ihre Tür, doch die grüne Lampe erlischt.
 „Bitte zurückbleiben.“

Rewind.
Immer wieder.
Rewind.

Ich habe so viele Möglichkeiten durchprobiert.
Ich habe die Frau mit den Apfelstückchen ersetzt durch ihre beste Freundin, die mir selbstverständlich ihre Handy-Nummer gibt.

Der Mann mit der Zeitung ist ihr Bruder, der mir verspricht, dass er ihr meine Nummer gibt.

Einmal stellt sie fest, dass sie in der falschen Richtung steht, sie nimmt ihre Hände aus den Taschen und rennt, doch meine S-Bahn setzt sich in Bewegung und ich will, ich will ihr nachwinken, doch meine Arme gehorchen mir nicht.

Aber das nächste Mal schafft sie es. Sie steht schweratmend in meinem Abteil, hält sich ihre Seiten, ihre Haare fallen in ihr Gesicht und ich stehe langsam und bedächtig auf.

Das ist ein Augenblick.
Für mich.


Sonntag, 28. März 2010

Wildwechsel

„Ein Prophet“ von Regisseur Jaques Audiard (2009)


Fuß vom Gas, langsam und konzentriert fahren, die Umgebung besonders im Auge behalten, größte Gefahr Nachts und im Nebel und bei Morgen- und Abenddämmerung – dieser Wildwechsel bestimmt das Leben des 20jährigen arabischstämmigen Malik (gespielt von Tahar Rahim), als er zu 6 Jahren Haftstrafe verurteilt wird, dieses Mal bei den großen Jungs.

Ist es ein Film über Kommunikation?
„Du redest mit den Korsen?“ „Ja.“ „Und mit den Italienern?“ „Ja.“ „Und mit den
Arabern redest du auch?“ „Ja.“ „Bist du ein Prophet, oder was?“
Dies wird Malik von einem Schwerverbrecher gefragt, der sich noch nicht entschieden hat, ob er ihn umbringen oder mit ihm zusammenarbeiten wird.

Malik redet. Er redet, er windet, er überwindet, er spielt den Hiwi, den Handlanger, den Mörder und bald selber einen der großen Jungs.
Am Anfang ist er ein 20jähriger Analphabet, seit dem 11.Lebensjahr nicht mehr in der Schule, keine Beziehung zu den Eltern, von einem Heim zum anderen, an seine Muttersprache kann er sich nicht erinnern. Er hat 50 Franc in der Tasche, die ihm beim Einpassieren in das Gefängnis gleich abgenommen werden, und die zusammen mit einer Zigarette, als einziger persönlicher Besitz in einer Schuhschachtel verschwinden.

Als er rauskommt warten auf ihn eine hübsche Frau und ein Kind, drei große fette Autos mit einem Haufen grinsender, johlender Jungs. Er spricht französisch, arabisch und italienisch, und hat nicht nur seinen Schulabschluss im Gefängnis gemacht – sondern auch eine Ausbildung ganz anderer Natur.

Was diesen Film zu etwas so Besonderen macht: er wirkt wahrhaftig und echt. Das liegt an einer unglaublichen Verkettung und unglaublichen Szenen dieses hervorragenden Drehbuches (Autoren: Jaques Audiard, Abdel Raouf Dafri, Nicolas Peufaillit, Thomas Bidegain), der unmittelbaren Kameraführung (Stéphane Fontaine) und der großen schauspielerischen Leistung von Tahar Rahim, der den Malik spielt.

Malik redet. Er redet auch immer wieder mit dem Mann, den er ermorden musste, um nicht selbst zu sterben. Er nimmt seine Präsenz und seine Ratschläge ebenso stoisch hin, wie alle anderen Schikanen, und er schaut immer ganz genau auf die Wunde am Hals, die er ekelig findet und die er selbst ihm zugefügt hat.
Wenn dieser Malik zum ersten Mal in seinem Leben in ein Flugzeug steigt und beim Sicherheitscheck den Mund aufreißt, wie er es im Gefängnis gelernt hat, wenn dieser Malik zum ersten Mal in seinem Leben mit den Füßen im Meer steht und Stunden später mit den Sandüberresten aus seinen Schuhen spielt, oder wenn er sein Patenkind linkisch umarmt und dann seine Arme um ihn schlingt und mit ihm zusammen einschläft – mehr Unschuld, mehr Erstaunen, mehr Wärme habe ich lange nicht mehr im Kino gesehen.

Und wenn ich für den Paten wider Willen „Michael Corleone“, immer Bedauern und Mitgefühl hatte, für diesen Jungen, für diesen Malik, habe ich mehr als das. Ohne es je zu sagen, ja ohne es anzudeuten, geht man aus diesem Film mit der Gewissheit, unsere Gesellschaft und wie sie die Menschen am Rande behandelt, ist verantwortlich für die Maliks dieser Welt. Und ich wünsche mir, wir könnten nur einen von ihnen retten.
Unbedingt ansehen!

Dienstag, 20. Oktober 2009

Samstag, 12. September 2009

District 9

District 9 - Regie Neill Blomkamp - ist ein absolut außergewöhnlicher Film.
Doku-Drama, Action, Gesellschaftskritik, ein kafkaesker Beamter, insektenartige Aliens, eine im Herzen wahre Geschichte.
Anschauen!

Sonntag, 6. September 2009

Meiner! Meiner! Meiner!

In meiner Stadt haben viele Kopfschmerzen und nicht nur wegen Wodka und Red Bull. Die meisten kennen ihren Vater nicht und ihre Mutter viel zu gut. Überlebenswichtig sind Anruferkennung, Tomapyrin, Bargeld, Balkon und Biergarten. Die meisten leben schon so lange allein, dass sie lauter Einzelkinder geworden sind. „Meiner! Meiner! Meiner!“, hört man nicht nur auf dem Spielplatz, es wird auch gern um Sitzplätze, Parkplätze ja selbst um den schnellsten Kassenplatz im Supermarkt gerauft.